Zahlreiche Konflikte erschweren die Bekämpfung der Ernährungskatastrophe in Äthiopien
- In Äthiopien droht die sechste Regenzeit in Folge auszufallen, wodurch sich die Dürre, von der bereits 24 Millionen Menschen betroffen sind, verlängern würde.
- Verschiedene Konflikte im ganzen Land beeinträchtigen das Leben der Menschen und hindern humanitäre Organisationen daran, lebensnotwendige Hilfe zu leisten.
- Falls das Friedensabkommen vom November 2022 in Kraft tritt, besteht Hoffnung auf ein Ende des Konflikts in Tigray im Norden Äthiopiens, wo 28,6 Millionen Menschen weiterhin auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.
Country facts
- 20 Mio. Menschen in Not / 8,1 Mio. Menschen von der Dürre betroffen
- 10-15 Mio. Menschen stark von Ernährungsunsicherheit betroffen
- 8,6 Mio. Menschen IPC-3
- 2,1 Mio. Nutztiere aufgrund der Dürre verendet
- Mehr als 20 Millionen Menschen in Äthiopien werden im Jahr 2022 auf humanitäre Hilfe angewiesen - fast drei Viertel davon Frauen und Kinder.
- Der humanitären Hilfsplan 2022 benötigt 3,1 Mrd. Euro; der Plan ist zurzeit ca 41% Prozent finanziert
IRC response
- Beginn der Aktivitäten: seit 20 Jahren
Die Eskalation der Gewalt in Teilen Äthiopiens durch die massive Konfrontation der Regierung und Tigray People's Liberation Front (TPLF) destabilisiert die Gemeinschaften und erschwert die Verhinderung und Bekämpfung von Hungersnöten und Ernährungsunsicherheit durch die Einschränkung des Zugangs für humanitäre Hilfe. Neben vielen lebensbedrohlichen Gesundheitsproblemen ist die Anzahl von schutzbedürftigen Menschen in Äthiopien durch den Klimawandel, die größte Heuschreckenplage unserer Zeit und die Coronapandemie auf die zweithöchste der Welt gestiegen.
IRC versorgt die Menschen vor Ort mit sauberem Wasser, Sanitäranlagen, wichtigen Lebensmitteln, Schutz für Frauen und Mädchen und anderer Notfallversorgung.
Der Konflikt in der nördlichen Region Tigray findet in einer ohnehin schon schwierigen Zeit statt. Die Coronapandemie hat die Bedarfe der Menschen nochmal erhöht, vor allem in den Regionen, die schon von Konflikten und Naturkatastrophen gezeichnet waren. Ähnliches ist durch den Klimawandel, die politischen Spannungen und die schlimmste Heuschreckenplage unserer Zeit zu erwarten. Die Menschen in Äthiopien könnten weiterhin unter Nahrungsmittelknappheit leiden.
Durch den Konflikt in der Tigray Region fliehen Menschen in Richtung Sudan und es gibt Anschuldigungen der Gewalt gegen Zivilist*innen. Der Konflikt und die politischen Spannungen in Tigray sorgen auch dafür, dass in anderen Regionen in Äthiopien Unsicherheit und die Gefahr von Konflikten steigt.
Der Zugang für humanitäre Hilfe in Tigray ist trotz eines "humanitären Waffenstillstands" nach wie vor stark eingeschränkt, so dass fast fünf Millionen bedürftige Menschen nicht mit lebenswichtiger Hilfe und Hilfsgütern versorgt werden können. Seit dem Ausbruch des bewaffneten Konflikts Anfang November 2020 ist die humanitäre Lage in Nordäthiopien äußerst besorgniserregend:
- Derzeit sind 5,5 Millionen Menschen in Nordäthiopien von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen
- In den Regionen Afar, Amhara und Tigray gibt es mehr als 2,6 Millionen Binnenvertriebene, über 240.000 Rückkehrer und mehr als 97.000 Geflüchtete und Asylsuchende.
- Seit Beginn der Krise sind täglich mehr als 3.000 Menschen aus der äthiopischen Region Tigray in den Ostsudan geflohen; 63.000 Menschen haben im Sudan Zuflucht gesucht
- Die überwiegende Mehrheit der Geflüchteten sind Frauen und Kinder
- Die Wirtschaft Äthiopiens ist stark von der Landwirtschaft abhängig. Dürren und Überschwemmungen haben negative Auswirkungen auf die Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit.
Die Akteure der humanitären Hilfe sind mit zahlreichen bürokratischen und logistischen Herausforderungen konfrontiert, und selbst geringfügige Verbesserungen beim Zugang reichen nicht aus, um den Bedarf in Tigray zu decken. Die wichtigsten Voraussetzungen für den Zugang der humanitären Hilfe sind neben dem aktuellen Stand und den Fortschritten in fünf Hauptbereichen: Hilfsgüter, Treibstoff, Bargeld, Arbeitsgenehmigungen (z. B. Visa und Arbeitserlaubnisse) und Telekommunikation. Das derzeitige Niveau der humanitären Hilfe in der Region reicht nicht aus, um den Bedarf zu decken.
IRC ist seit 2000 in Äthiopien tätig und leistet lebensnotwendige Hilfe für Geflüchtete und Binnenvertriebene im Land. Seitdem hat IRC die Programmarbeit ausgeweitet und bietet ein breites Spektrum an Hilfe für die in Lagern lebenden Geflüchteten und für bedürftige äthiopische Gemeinschaften im ganzen Land. Im Jahr 2013 eröffnete IRC das größte Wassersystem für ein Flüchtlingslager in der Welt. Da Äthiopien rund 800.000 Geflüchtete und Asylsuchende beherbergt und sich von den Auswirkungen der Dürre und anderer wirtschaftlicher Schocks erholen muss, konzentriert IRC seine Bemühungen auf die betroffenen Gemeinden:
- den Bau und die Instandhaltung sicherer Wasserversorgungssysteme und sanitärer Anlagen;
- Aufklärung der Gemeinden über gute Hygienepraktiken, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern;
- Unterstützung von Regierungspartnern und Gemeindearbeitern in Kliniken für die medizinische Grundversorgung bei der Vorbeugung und Behandlung häufiger Kinderkrankheiten und bei der Familienplanung;
- Verteilung von grundlegenden Hilfsgütern wie Haushaltsküchen, Decken, Eimern und Kanistern sowie von Hilfsgütern, die speziell auf die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen zugeschnitten sind;
- Bau von Klassenzimmern, Ausbildung von Lehrern und Gewährleistung des Zugangs zu sicheren, hochwertigen und bedarfsgerechten Bildungsangeboten;
- Einführung neuer, auf den Lebensunterhalt bezogener Fähigkeiten und Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche und gefährdete Haushalte.
Es ist sehr wichtig, dass humanitäre Hilfe nicht durch die Spannungen und Konflikte in Äthiopien behindert werden.
IRC stellt weiterhin Soforthilfe und langfristige Unterstützung für Geflüchtete und weitere schutzbedürftige Menschen, darunter auch unbegleitete Kinder und Menschen mit Behinderungen, in Äthiopien bereit. Gefördert wird dabei auch der Aufbau der Kapazitäten lokaler Behörden und gemeinnütziger Organisationen. Dabei arbeitet IRC mit Partnerorganisationen zusammen, um den Menschen Zugang zu guten Gesundheitsdiensten zu ermöglichen und sie mit sauberem Wasser versorgungen zu können. Besonders viel Wert wird auf Gesundheitsaufklärung gelegt, Familienplanung und reproduktive Gesundheit, sowie Bildungsmöglichkeiten, mit denen die Lese- und Rechenleistung erhöht und gleichzeitig soziale und emotionale Kompetenzen gestärkt werden können. Jugendliche werden in berufsbezogenen Fähigkeiten geschult.
Die Weltgemeinschaft muss ihr kollektives Bekenntnis zum humanitären Völkerrecht bekräftigen, indem sie sich zu konkrete Verpflichtungen zur Verbesserung des humanitären Zugangs verpflichtet.